Habitatbaum
Ein Baum mit hoher Bedeutung für die lokale Artenvielfalt
Als Biotop- oder Habitatbaum werden Bäume bezeichnet, die besondere Lebensräume (Biotope, Habitate) für andere Lebewesen anbieten. Hierbei handelt es sich in der Regel um sehr alte, zum Teil auch bereits absterbende oder tote Bäume.
Insbesondere Bäume mit Höhlungen oder mit Horsten baumbrütender Vogelarten zählen dazu. Aber auch Bäume mit besonderen Wuchsformen, mit größeren Stamm- und Rindenverletzungen oder mit hohem Totholzanteil bieten vielen Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen einen Lebensraum.
Biotopbäume mit ihren spezifischen Kleinbiotopen stellen Schlüsselelemente für die Artenvielfalt von Gärten, Grünanlagen, Parks und Wäldern dar. Aus diesem Grund sind sie besonders schützenswert.
Häufig handelt es sich hierbei um Bäume, die auf Grund ihrer Schäden oder Wuchsdeformationen den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht in der Stadt nicht mehr genügen und deshalb gefällt werden müssen. Aus diesem Grund sind ausgeprägte Biotopbäume in unseren Städten immer seltener anzutreffen. Durch die sich nach 2018 veränderten Klimabedingungen hat sich die Situation nochmals verschärft und es sterben mehr alte Bäume in unseren Städten ab als vorher und es gehen somit noch mehr Lebensräume alter Bäume verloren. Durch die Fällung und Entsorgung von Habitatbäumen entfällt aber die natürliche Alters- und Zerfallsphase, die für viele Tierarten lebensnotwendig ist.
Aus Sicht des Naturschutzes muss deshalb dem Mangel an Biotopbäumen nicht nur im Wald sondern auch gerade in unseren Städten entgegengewirkt werden. Die Sicherung, Belassung und der Schutz solcher wertvollen Bäume ist eine wichtige Aufgabe des ökologischen Baummanagements geworden.
Daher sind Habitatbäume im urbanen Raum wichtiger denn je. Die Erhaltung dieser Bäume ist ein wichtiger Beitrag für die Biodiversität in unserer Stadt!
Kennzeichnung von besonderen Habitatbäumen

8-Meter-Baumtorso nach Fällung einer abgestorbenen Buche in 2019. Sicherung des Torsos gegen Umbruch 2024.
Reststamm mit großer Bruthöhle, kleiner Spechthöhle und Rindentaschen mit Öffnungen nach oben und unten.
Große Bruthöhle geeignetes Habitat zB für Käuze,
Kleines Spechtloch geeignetes Habitat für Höhlenbrüter,
Rindentaschen mit Öffnung nach unten geeignete Habitate für Fledermäuse,
Rindentaschen mit Öffnung nach oben geeignete Habitate für Nischenbrüter.

25 Meter hohe Eiche,
Kronenteileinkürzung um 20% in 2023 aufgrund geringer Restwandstärken nach eingehender Untersuchung. Besiedelung des Baumes u.a. durch Heldbock (EU-Weit streng geschützte Käferart).
Aktiver Saftfluss im Stammbereich (Nahrung für Hirschkäfer und Heldbock).

8-Meter-Baumtorso nach Fällung einer abgestorbenen Buche in 2020. Reststamm mit kleiner Spechthöhle und Rindentaschen mit Öffnungen nach oben und unten. Besiedelung mit Zunderschwamm (Baumpilz). Kleines Spechtloch geeignetes Habitat für Höhlenbrüter, Rindentaschen mit Öffnung nach unten geeignete Habitate für Fledermäuse, Rindentaschen mit Öffnung nach oben geeignete Habitate für Nischenbrüter.

4-Meter-Baumtorso nach Fällung einer absterbenden Erle in 2019 mit Reststamm 8 Meter. Reduzierung des Reststamms auf 4 Meter in 2023. Spechthöhlen und viele Bohrlöcher im Stamm. Spechtlöcher geeignete Habitate für Höhlenbrüter.

25 Meter hohe Eichen mit Spechtlöchern im Starkastbereich der Oberkrone.

6-Meter-Reststamm. Beim Sommersturm am 19.08.2019 Bruch des 25 Meter hohen Baumes. Der Reststamm bleibt aus Artenschutzgründen erhalten. Pilzbefall im Stammbereich, mehrere Nischen im Bereich der Abbruchstellen, regelmäßig besetzt durch Nischenbrüter, stehendes Eichentotholz Lebensraum für viele Käferarten.

30 Meter hohe Platanen am Bahnhof Offenthal mit Krähenkolonie.

22 Meter hohe Kastanie mit Höhlungen in alten Astanbindungen, entstanden durch Astabbrüche und Astentnahmen. Höhlungen je nach Ausformung geeignete Habitate für Höhlen- und Nischenbrüter. Die Kastanie steht stellvertretend für die gesamte Kastanienreihe, verlaufend zwischen Hainer Chaussee und Schwimmbad. Viele der Kastanien weisen entsprechende Höhlungen auf (zB Baum Nr 1, 36, 37, 44).

8-Meter-Baumtorso. Beim Sommersturm am 19.08.2019 Abbruch der Baumkrone. Der Baum wurde unter Erhaltung eines Reststammes aufgrund einer Spechthöhle in Höhe von ca. 5 Metern gefällt. Spechtloch geeignetes Habitat für Höhlenbrüter.

8-Meter-Restbaum nach Kronensicherungsschnitt in 2021 und weiterer Reduktion in 2023 als Alternative zur Fällung des Baumes. Brandschaden durch Vandalismus in 2023. Weitergehende Untersuchungen zur Prüfung der intakten Restwandstärken seit 2009 im Abstand von drei Jahren. Baum mit zentraler Stammfäule, Pilzbefall und Höhlung im Stammzylinder.
Kennzeichnung von Habitatbäumen in Dreieich
In Dreieich werden Habitatbäume seit 2016 mit einer Plakette gekennzeichnet. Damit wissen auch die Baumpfleger sofort, dass hier besondere Achtsamkeit geboten ist und Baumpflegearbeiten gegebenenfalls verschoben werden müssen.

Habitatbäume im Stadtwald Dreieich
Für die Artenvielfalt ist es auch wichtig, dass alte Bäume im Wald stehen bleiben und absterben dürfen. Denn sie dienen als Nahrungsquelle, Brutstätte und Zufluchtsort für viele Lebewesen, die auf den Wald als Lebensraum spezialisiert sind. Wenn die Habitatbäume verschwinden, verschwindet auch der Lebensraum für viele Tiere, Pflanzen und Pilze.
Tote Bäume sind zudem wichtig für den Waldboden. Denn Totholz ist reich an Nährstoffen. Verrottet es, wird das Holz zu einem natürlichen Dünger für den Waldboden. Außerdem speichert das tote Holz Feuchtigkeit. Es sorgt damit an heißen Tagen dafür, dass es am Waldboden schön kühl bleibt und die umliegenden Bäume und Pflanzen das Wasser aus ihm ziehen können. In Zeiten des Klimawandels nimmt dies an Bedeutung zu.
In Dreieich ist der Stadtwald seit 2014 FSC- und seit 2007 PEFC-zertifiziert. Die FSC / PEFC-Zertifizierung sieht zehn Biotopbäume pro Hektar vor – doppelt so viele wie durchschnittlich in deutschen Wäldern vorhanden sind. Dabei werden dicke Bäume bevorzugt. Entsprechend markiert sind sie vor „zufälliger“ Entnahme geschützt.
Info Broschüre Biotopbäume (FSC)
Seit 2023 ist die Bewirtschaftung des Stadtwaldes Dreieich zusätzlich an das Bundesförderprogramm Klimaangepasstes Waldmanagement gekoppelt. Klimaschutz und Anpassung der Wälder an den Klimawandel stehen im Fokus des Programms.
Ein wichtiges Kriterium des Programms, für das eine Teilnahmeverpflichtung über 10 Jahre besteht, ist eine Waldstillegungsfläche von 5%.